Verrauschte Bilder - Ursachen und was man besser machen kann
Einleitung
Der gemeine Hobbyastrofotograf hat zwei Erzfeinde: Cirren und Rauschen. Beide sind gefährliche Gegner. Ihre hinterhältigen Angriffe auf die Arbeit einer durchwachten Belichtungsnacht erschrecken den Fotografen oft erst bei der Bearbeitung der Rohbilder.
Während gegen Cirruswolken kein Kraut gewachsen ist (die sind eben da oder nicht da), kann bei lichtschwachen Objekten gegen das Rauschen mit bestimmten Regeln bei der Wahl der Belichtungszeiten eine Art „Strategie zur Verteidigung“ entworfen werden.
Diese Regeln möchte ich hier anhand einer Aufnahmeserie der Feuerradgalaxie M101 näher erläutern. Das verwendete Equipment und die Aufnahmedaten:
Optik: GSO RC10“ bei F/5.3
Kamera: QSI 583wsg
Filter: Astronomik (LRGB & H-alpha)
Datum: 17. - 24.04.2015
Ort: Melle in Niedersachsen
Parallel zur den Aufnahmen wurde die Himmelshelligkeit mit einem Sky-Quality-Meter bestimmt. Unten sind zur Ansicht zunächst ein paar „verrauschte“ Einzelbilder dieser Serie dargestellt. Wie zu erwarten wird bei etwa gleicher Hintergrundhelligkeit die Galaxie von links nach rechts immer schwächer und - bei genauer Betrachtung - nimmt das Rauschen zu.
Links: Luminanzfilter (300 s Belichtung), Mitte: Grünfilter (300 s Belichtung), Rechts: H-alpha-Filter (600 s Belichtung).
Das Rauschen der Kamera
Rauschen hat bei Astrofotos im Wesentlichen zwei Ursachen:
- das Rauschen der CCD-Kamera und
- das Himmelsrauschen
Beim Kamerarauschen wiederum sind zu betrachten:
- das Ausleserauschen (read noise) und
- das Dunkelstromrauschen (dark noise)
Beim Abrufen der Informationen (Ladungsträger) aus den einzelnen Pixel eines CCD-Sensor erzeugt der Ausleseverstärker das Ausleserauschen. Dieses Rauschen ist unabhängig von Temperatur und Belichtungszeit und kann sehr gut durch eine Aufnahme mit sehr kurzer Belichtungszeit isoliert werden. Diese Aufnahmen werden „bias frames“ genannt und zur Kalibrierung der Rohbilder verwendet.
Dunkelstrom entsteht, ohne das Licht auf den Sensor fällt - es werden Elektronen aufgrund von Wärme freigesetzt und gesammelt. Weil die einzelnen Pixel des Sensors ein jeweils unterschiedliches Temperaturverhalten haben entsteht das Dunkelstromrauschen. Die Höhe dieses Rauschens ist von der Belichtungszeit und natürlich der Chiptemperatur abhängig. Das Dunkelstromrauschen einer Aufnahme kann separat dargestellt werden, indem eine weitere Aufnahme unter gleichen Bedingungen wie bei der Belichtung,jedoch mit abgedecktem Chip gewonnen wird. Diese Aufnahmen werden „dark frames“ genannt und ebenfalls zur Kalibrierung der Rohbilder verwendet (hilft natürlich auch gegen „hot pixel“).
Das Rauschmass, also die „Höhe“ des Rauschens wird üblicherweise in „Elektronen“ angegeben. Diese etwas kuriose Einheit erklärt sich wie folgt: Die lichtempfindlichen Pixel eines CCD-Sensors kann man mit Bechern vergleichen, in die nur eine bestimmte Zahl an Elektronen passen, bevor sie überlaufen. Bei der QSI583wsg sind dies laut Datenblatt 25.500 Elektronen pro Pixel (verschiedentlich bezeichnet als „full well capacity“ oder auch „satuartion signal“).
Beim Abrufen der Elektronen aus den Pixeln des Sensors ist es die Aufgabe des Ausleseverstärkers, aus den physikalisch möglichen 0 bis 25.500 Elektronen (e-) pro Pixel ein Bild mit zum Beispiel 0 bis 65535 ADUs (=Graustufen) zu erzeugen. Also „leer“ bis „voll“ in „schwarz“ bis „weiß“ umzusetzten. Dabei ist 65535 (=16bit) die zur Zeit bei Astrokameras übliche Grauwertabstufung, ADU steht für „Analog-Digital Unit“. Ist die Verstärkung („gain“) beim Auslesen des Sensors bekannt, kann mit diversen Programmen das Rauschen der Rohbilder ermittelt werden.
In Fitswork wird ein möglichst homogener Bereich des Bildes markiert und via rechte Maustaste für diesen Bereich die Bildstatistik angezeigt. Das Rauschmass in Elektronen (e-) ermittelt sich aus dem Wert für die Standardabweichung multipliziert mit Verstärkung. Etwas genauer arbeitet das Skripts „Noise Evaluation“ von PixInsight. Der angezeigte Wert muss mit der Verstärkung und mit 65535 multipliziert werden und ergibt dann ebenfalls das Rauschmass in Elektronen.
Ganz links: dark frame, +20 Grad Celsius, 300 Sekunden Belichtungszeit. Ausschnitt mit Bildstörungen (Zeilendefekt / Störpixel).
Links: bias frame, -30 Grad Celsius, Belichtungszeit 10 Millisekunden (Ausschnitt).
Links: Kamera QSI583 - Gesamt- und Ausleserauschen in Abhängigkeit von der Sensortemperatur.
Die Werte für die Verstärkung der Kamera liegen je nach Quelle (Datenblatt oder Internet) im Bereich zwischen 0,4 e-/ADU und 0,5 e-/ADU. Ich verwende hier stets einen Wert von 0,45 e-/ADU. Das Ausleserauschen ergibt sich (hier als Mittelwert aus 5 „bias frames“) zu
2,80E-4 * 0,45 e-/ADU * 65535 = 8,25 e-
Dieser Wert stimmt sehr gut mit dem Wert aus dem Datenblatt des Kameraherstellers von 8 Elektronen überein. Eine Recherche im Internet zeigt, dass bei den heute angebotenen CCD-Kameras das Ausleserauschen überwiegend im Bereich von 5 e- bis 15 e- liegt.
Links: Kamera QSI583 - Dunkelstromrauschen von Einzelaufnahmen und eines „stacks“ aus 12 Aufnahmen in Abhängigkeit von der Temperatur (ermittelt durch Abzug des Ausleserauschens vom Gesamtrauschen).
Wird der CCD-Sensor ausreichend gekühlt, dominiert das Ausleserauschen und das Dunkelstromrauschen trägt nur noch unwesentlich zum Gesamtrauschen bei. Bei der Kamera QSI 583 reicht dafür eine Sensortemperatur von -20 Grad Celsius, die mit der eingebauten Peltier-Kühlung leicht erreicht werden kann.
Für möglichst rauscharme Ergebnisse ist also daruf zu achten, dass bei den nächtlichen Aufnahmen weder das Auslese- noch das Dunkelstromrauschen die Rohbilder dominiert. Die Belichtungszeit muss lang genug gewählt werden, um dem Himmelsrauschen („sky noise“) den Vortritt zu lassen.
Das Himmelsrauschen
Ja, der Himmel rauscht tatsächlich! Zu diesem Thema kann man sich lange über Photonenrauschen, Quantenfluktuationen, Streulicht, Lichtverschmutzung, Luftleuchten („airglow“) und noch ein paar andere Dinge unterhalten. Ursachen und Herkunft des Himmelsrauschens sollen hier jedoch nicht beschrieben werden. Ich bestätige nur seine Existenz und berichte über zwei wesentliche Abhängigkeiten:
Es rauscht erstens um so mehr, je heller es ist und es rauscht zweitens nicht bei allen Wellenlängen gleich! Bei der hier betrachteten Aufnahmeserie von M101 rauscht es im Rotkanal deutlich mehr als im Grünkanal und dort wiederum deutlich mehr als im Blaukanal.
Diese beiden Abhängigkeiten sind in der unten gezeigten Grafik leicht zu erkennen. Für die Grafik habe ich an den drei Beobachtungsabenden parallel zu den Aufnahmen die Helligkeit des Himmels mit einem Sky Quality Meter ermittelt und mit genauer Urzeit notiert.
An allen drei Abenden wurde es im Laufe der Zeit immer dunkler (was nun wenig verwunderlich ist) und so konnte mit insgesamt fünfzehn Helligkeitsstufen und den drei Farbkanälen dieses klare Ergebnis gewonnen werden.
Geräte- und Himmelsrauschen im Verhältnis
Alle hier ausgewerteten Aufnahmen haben eine Belichtungszeit von 300 Sekunden, alle Aufnahmen wurden bei -30 Grad Celsius gewonnen. Entsprechend der oben gezeigt Grafik spielt bei bei dieser Temperatur das Dunkelstromrauschen keine Rolle und das Gesamtrauschen setzt sich aus dem Auslese- und dem Himmelsrauschen zusammen. Bei einem Ausleserauschen von 8,25 e- errechnet sich das Himmelsrauschen im Blaukanal (dunkler Himmel, 21 mag/arcsec ^2) zu
Wurzel (11 e- ^2 - 8,25 e- ^2) = 7,3 e-
Das heisst, das Ausleserauschen trägt mehr zum Gesamtrauschen bei als das Himmelsrauschen. Bei hellerem Himmel 20,5 mag/arcsec ^2) und im Rotkanal beträgt das Himmelsrauschen
Wurzel (17,5 e- ^2 - 8,25 e- ^2) = 15,4 e-
Hier ist das Himmelsrauschen fast doppelt so gross wie das Ausleserauschen. Dominiert bei einer Aufnahme das Himmelsrauschen, spricht man gern von ihr als „sky limited“. Himmelsbegrenzt!
Diese Begrenzung ist bei Astroaufnahmen anzustreben, damit das Geräterauschen (fast) keinen Betrag leistet. Das Himmelsrauschen kann dabei gerne das zwei- bis vierfache des Ausleserauschens betragen.
Wenn nicht, sollte man die Belichtungszeit der einzelnen Aufnahmen verlängern, bis dieses Verhältnis erreicht ist - allerdings ohne dabei die hellsten Bereiche des Bildes zu sättigen!
Die Tabelle zeigt die Auswertung der Rauschanteile für alle fünf Kanäle meiner Aufnahmeserie von M101 bei einer Helligkeit von 20,5 mag/arcsec ^2.
Lediglich der Luminanzkanal ist mit einem Verhältnis von 1 :2,7 recht rauscharm, der Rot- und der Grünkanal sind noch akzeptabel. Der Blaukanal ist schlecht und der H-alpha-Kanal trotz 600 Sekunden Belichtung unterbelichtet und damit unnötig stark verrauscht.
Zusammenfassung
Um dem Rauschen in Astrophotos ein Schnippchen zu schlagen, müssen also folgende Regeln beachtet werden:
1. Die Kamera herunterkühlen, damit das Dunkelstromrauschen nur unwesentlich
zum Geräterauschen beiträgt.
2. Abhängig von der Himmelshelligkeit die Belichtungszeiten der Farbkanäle so weit verlängern, bis das Himmelsrauschen das Geräterauschen deutlich übertrifft. Dabei eine (übermässige) Sättigung des Bildes vermeiden.
3. Je dunkler der Himmel, desto länger die Belichtungszeit.
4. Werden Optiken mit unterschiedlicher Lichtstärke verwendet, sollten die Belichtungszeiten angepasst werden. In einer lichtschwachen Optik rauscht der Himmel weniger und die Belichtungszeit kann verlängert werden.
Links nun das Ergebnis der Bearbeitung von insgesamt über 9 Stunden Belichtung, verteilt auf 92 Rohbilder. Hätte ich die oben genannten Regeln einhalten, wäre mir der eine oder andere Schritt zur Glättung des Bildes erspart geblieben.
Quellen
Ausleserauschen: http://www.qsimaging.com/ccd_noise.html
Dunkelstromrauschen: http://www.qsimaging.com/blog/understanding-ccds-dark-current-versus-noise/
Osnabrück, im Juli 2015
Gerd Althoff